Wie es ist, im Callcenter zu arbeiten – und wie du nervige Anrufe minimierst
Callcenter könnten bis in ein paar Jahren verschwunden sein. Das finden wir alle super, weil dann hören diese nervigen Anrufe endlich auf. Diese Leute vom Callcenter sind doch sowieso ausnahmslos Vollidioten sehr mühsame Personen, die einem nur die wertvolle Zeit stehlen, oder?
Auch ich war im September 2013 in etwa dieser Meinung. Damals suchte ich einen Nebenjob und wenn ich mir in einem absolut sicher war, dann darin, dass ich nie, NIEMALS in einem Callcenter arbeiten würde.
Einen Monat später begann meine erste Schicht in einem Marktforschungs-Institut in Luzern.
Und alle immer so:
Die kurze Variante? Ich war jung und brauchte das Geld.
Insgesamt habe ich es etwas mehr als ein Jahr ausgehalten. Und darum fühle ich mich kompetent genug, euch mal ein klein wenig aufzuzeigen, wie es eigentlich auf der anderen Seite der Telefonleitung aussieht.
Nehmen wir das doch fürs Erste gleich wortwörtlich.
Wie es in einem Callcenter laut dem Internet aussieht
Das Ambiente
Wie es wirklich aussieht
Die Platzverhältnisse, die Arbeitsmoral und das Ambiente:

Gut. Kommen wir zum Telefonat an sich. Callcenter-Anrufe sind für viele super nervig. Also versucht man, den Anrufer irgendwie loszuwerden.
Die «kreativsten» Absagen, die man zu hören bekommt
Klassiker #1:
Klassiker #2:
Klassiker #3:
Die krassesten Absagen, die ich zu hören bekam
Eine Frau:
Ein Mann:
«Pascal Scherrer.»
«Und woher rufen Sie an? »
«Aus Luzern.»
«Wissen Sie was? Ich werde Sie verklagen. Ich werde Sie wegen Belästigung verklagen und ich werde Sie wegen seelischer Schmerzen verklagen. Ich werde Sie so sehr verklagen, dass noch Ihre Enkel damit beschäftigt sein werden, die Prozesskosten abzubezahlen.»
Ein anderer Mann:
Jetzt kurz eine kleine Moralpredigt
Reden wir mal über das Zwischenmenschliche. Niemand mag Callcenter wirklich. Oder wie es ein watson-User formuliert:
Gut, das mag stimmen. Aber bitte denkt daran, dass diese Personen auch nur ihren Job machen. Einige davon sogar, weil sie keine andere Wahl haben. Dann die Person am Telefon zu beschimpfen, ist genauso sinnvoll wie:
- Die Polizistin zu beschimpfen, weil es am Gotthard immer Stau hat.
- Den Verkäufer an der Kasse zu beschimpfen, weil die Bio-Avocado schon wieder teurer geworden ist.
- Den Bauarbeiter zu beschimpfen, weil schon wieder irgendeine Strasse neu geteert wird.
Ein Callcenter-Agent hat keine Kontrolle darüber, wie oft jemand angerufen wird. Er sitzt einfach brav an seinem Platz und wartet, bis ihm ein Anruf zugeteilt wird. Anstatt den armen Tropf am Telefon zusammenzustauchen oder zu verarschen, versucht doch mal ein paar dieser Tricks:
Und nun: Wie ihr Callcenter-Anrufe minimieren könnt
Sagt klar «Nein»

Werdet ihr von einem seriösen Marktforschungs-Institut angerufen, sagt klar Nein. Am besten sagt ihr sowas:
«Ich habe kein Interesse, und ich wünsche keine weiteren Anrufe mehr von ihnen. Bitte setzen Sie mich auf ihre Schwarze Liste».
Seriöse Institute für Marktforschung führen in der Regel so eine schwarze Liste und setzen einen dann auch dort drauf. Warum? Weil kein Institut Interesse daran hat, jemanden vergeblich anzurufen.
Solche Marktforschungsinstitute sind in einem Verband organisiert und können hier eingesehen werden.
Nummer sperren lassen
Schwieriger wird es bei Callcentern, die Werbeanrufe durchführen, weil sie einem etwas verkaufen wollen. Oftmals halten sich diese an keine Regeln und rufen immer wieder an. In diesem Fall sollte man die Nummer sperren. Jedes Smartphone hat diese Funktion.
Alternativ gibt es auch Apps, wie zum Beispiel «Search», welche Callcenter-Anrufe relativ zuverlässig erkennen und gleich blockieren.
Keine Ausreden
Sagt nicht Dinge wie:
Denn eigentlich sagt ihr dem Callcenter damit:
Manchmal wird auch eine spezifische Person verlangt. Sagt man dann sowas wie «diese Person will nicht an der Umfrage teilnehmen», ist das ebenfalls kontraproduktiv. Oft haben Institute von den Auftraggebern die Anweisung, erst dann nicht mehr anzurufen, wenn die verlangte Person persönlich abgesagt hat.
PS: Und sagt bloss nicht sowas wie «Rufen Sie doch ein anderes Mal wieder an» und hofft, dass Sie euch vergessen – tun sie nicht.
Sternchen im Telefonbuch nützen nicht immer
Oft hört man als Callcenter-Mitarbeiter den Satz:
Ganz einfach: Das Sternchen bedeutet, dass man keine Werbeanrufe möchte. Anrufe für Umfragen gelten aber als Marktforschung und nicht als Werbeanrufe.
Und wenn ihr trotz Sternchen einen Werbeanruf bekommt, ist der Grund ganz einfach:
Darum: Wenn ihr Ruhe haben wollt, löscht euren Eintrag aus dem Telefonbuch. Allen Personen, die eure Nummer brauchen, könnt ihr sie auch so geben.
Gebt eure Nummer nicht so einfach her
Ein grosser Irrtum ist noch immer, dass Callcenter einfach Telefonbücher abklappern und einfach mal jede Nummer ausprobieren.

Bei Callcentern, die Werbeanrufe machen, kann das durchaus sein. Oftmals ist es aber vielmehr so, dass die Nummern auf anderem Weg beschafft wurden.
Vor allem, wenn ein Marktforschungsinstitut im Auftrag einer Firma Umfragen macht, werden die Nummern gleich mitgeliefert. Manchmal stammen die aus den Kundendaten, welche der Firma zur Verfügung stehen. Oftmals stammen Nummern aber auch aus Wettbewerben. Also hört auf, eure Telefonnummer bei Gewinnspielen anzugeben, denn es kann gut sein, dass sie irgendwann bei einem Callcenter landet.
Schreibt euch eure Wut von der Seele
Auch Callcenter haben Mail-Adressen. Spart euch eure Wut auf und schreibt dem Callcenter ein gepfeffertes Mail. Potzholzöpfelundzipfelchappe!

